Reiten

Heilpädagogisches Reiten / Voltigieren an der HLS


Für alle Schülerinnen und Schüler der Grundstufe steht in mindestens einem Schuljahr „Reiten“ auf dem Stundenplan.
Zu diesem Zweck fahren die Schülerinnen und Schüler mit einer Lehrerin in den nahegelegenen Ortsteil Niederwaroldern, um dort gemeinsam mit einer Trainerin des dortigen Reitvereins eigene Erfahrungen mit Pferden zu sammeln.
Die Maßnahme wird durch das Programm “ Schule und Verein “ finanziert.
Die geringe Gruppengröße sowie die enge Zusammenarbeit mit der Trainerin des Reitvereins ermöglichen eine Arbeit, die sich stark an den individuellen Fähigkeiten und Interessen der einzelnen Schülerinnen und Schüler orientiert. Über das Medium Pferd mit seinem hohen Aufforderungscharakter wird im heilpädagogischen Reiten und Voltigieren versucht, Fähigkeiten und Fertigkeiten im motorischen, sozial-emotionalen und kognitiven Bereich zu fördern. Dabei können die Förderschwerpunkte individuell unterschiedlich stark berücksichtigt werden:
Zielsetzungen im motorischen Bereich können sein:

  • Förderung der Körper- und Raumwahrnehmung
  • Verbesserung der Körperkoordination
  • Schulung des Gleichgewichts
  • Erweiterung der Bewegungserfahrung
  • Sensibilisierung, Differenzierung und Integration der Sinneswahrnehmung
  • bewegungsarme Schülerinnen und Schüler erhalten durch die Bewegungen des Pferdes ständig neue Bewegungsimpulse,
  • überaktive Schülerinnen und Schüler müssen ihre Überschussbewegungen steuern und sich dem Pferd anpassen, um nicht herunter zu fallen. Sie müssen ihre Bewegungen kontrollieren, um das Pferd nicht zu erschrecken.
    Zielsetzungen im sozial-emotionalen Bereich können sein:
  • ängstliche Schülerinnen und Schüler überwinden nach und nach ihre Ängste,
  • Erlernen einer angemessenen Selbsteinschätzung, z.B. erfahren mutige Schülerinnen und Schüler beim Reiten die Grenzen ihrer Fähigkeiten,
    -Sensibilisierung für die eigenen Gefühle und Bedürfnisse sowie die der anderen Gruppenmitglieder,
  • Entwicklung von Verantwortungsbewußtsein für das eigene Handeln,
  • Förderung des kooperativen Handelns, z.B. Regeln absprechen und einhalten, Wünsche äußern und sich gegenseitig helfen.
    Zielsetzungen im kognitiven Bereich können sein:
  • Förderung des überlegenden und einsichtigen Denkens
  • Erlernen von Fachtermini zur Erleichterung des Lernprozesses
  • Verbalisierung von Problemen
  • Steigerung der Konzentrations- und Gedächtnisleistung.
    Die angeführten Zielsetzungen werden im Reitunterricht der HLS u.a. durch folgende Arbeitsschwerpunkte umgesetzt:
  • die Schülerinnen und Schüler erhalten zunächst eine theoretische Einführung zur Umgangsweise und Pflege von Pferden,
  • sie üben in Kleingruppen unter fachkundiger Anleitung die richtige Handhabung von Halfter und Putzzeug sowie die Techniken zum sicheren Führen der Pferde,
  • sie lernen, einen reitenden Schüler über den Reitplatz oder durch das umliegende Gelände zu führen,
  • sie sammeln sowohl zu Fuß als auch reitend erste Erfahrungen mit den Gangarten Schritt und Trab,
  • sie stärken ihr Gleichgewichtsempfinden bei zahlreichen Übungen aus dem Bereich des Voltigierens,
  • sie schulen ihre Wahrnehmung durch verschiedene Bewegungsaufgaben mit und ohne Sattel


    Nachdem die Schülerinnen und Schüler sich mit den Grundlagen vertraut gemacht haben, besteht für sie die Möglichkeit, zunächst an der Longe die Bewegungsmuster zum Leichttraben zu erlernen, um anschließend selbstständig im Schritt und Trab auf dem Reitplatz reiten zu können. In Absprache mit dem Reiter ist es dabei die Aufgabe der Mitschüler, mit verschiedenen Materialien (Hütchen, Stangen o.ä.) Bewegungsaufgaben auf dem Platz aufzubauen (Slalomreiten, Stangentreten, o.ä.). Je nach Interesse besteht derweil auf dem zweiten Pferd Gelegenheit, eigene Lernziele, wie z.B. das Galoppieren an der Longe intensiv zu üben.
    Bei der Auswahl der Übungen stehen stets die Bedürfnisse und Fähigkeiten der einzelnen Schülerinnen und Schüler im Vordergrund, so kann beispielsweise der Schwerpunkt der Arbeit bei einem ängstlichen Schüler zunächst darin bestehen, Ängste abzubauen und ihn bei einem sicheren und vertrauensvollen Umgang mit dem Pferd zu unterstützen, während ein sportlich veranlagter Schüler bereits Bewegungserfahrungen im Trab, Galopp oder beim freien Reiten sammelt. Für besonders motivierte Schüler besteht die Möglichkeit, die Angebote des Reitvereins privat zu nutzen.
    Parallel zu den praktischen Übungen werden den Schülern weiterhin theoretische Kenntnisse zu Pferden ( u.a. Fütterung, Haltung, Einsatzmöglichkeiten, Verhaltensweisen, Rassen) nähergebracht.
    Für unsere Schülerinnen und Schüler bedeutet dieser Unterricht etwas Besonderes:
  • kein Schulraum, sondern Stall, Reitplatz oder umliegendes Gelände
  • kein Übungsgerät, sondern ein Pferd, das trägt, schaukelt, wärmt, atmet und Rhythmus
    vermittelt.

    Ein Vorteil des Unterrichtsfach “ Reiten “ liegt in der hohen Motivation, die alle Schülerinnen und Schüler im Umgang mit Pferden zeigen. Das Pferd reagiert auf die Aktivitäten der Schülerinnen und Schüler und gibt ihnen somit eine Rückmeldung auf ihr Verhalten. Auf dieser Grundlage lassen sich zahlreiche Lernprozesse im Rahmen des Unterrichts gestalten, die die Schüler in ihrer Gesamtentwicklung in den oben erläuterten Bereichen unterstützen.

    Bad Arolsen, Januar 2018